„Rassismus gibt es bei uns nicht!" - Vielfalt im Gespräch mit Andreas Tilch

Schulabsentismus, Unterrichtsausfall, Lehrkräftemangel: Die Herausforderungen für das Schulsystem sind bekannt. Und nun soll Schule sich auch noch mit seiner Involviertheit in Rassismus beschäftigen? Am 28. März 2023 war Andreas Tilch zu Gast im digitalen Talk-Format „Vielfalt im Gespräch". Mit dem Experten sprachen sie über Abwehrmechanismen in der Schule der Migrationsgesellschaft und Überlegungen zu einer abwehrreflexiven Lehrer:innenprofessionalität.

Psychologisch betrachtet dient Abwehr als Mittel gegen Angst, Schuldgefühle oder Überforderung und mildert die wahrgenommene Bedrohung. Sie verhindert jedoch auch die Wahrnehmung und das Sprechen über diskriminierende bzw. rassistische Strukturen, Praktiken und Erfahrungen und damit eben auch die gesellschaftliche Teilhabe aller. In der Migrationspädagogik wurde bereits vielfach auf das Problem der Abwehr von Pädagog:innen gegenüber der Thematisierung von Rassismus(-erfahrungen) hingewiesen. Studien wie der Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) zeigen: Viele Menschen in Deutschland begegnen Rassismuskritik aversiv oder empfinden sie als übertrieben oder gar gefährlich. Dabei handelt es sich jedoch meist nicht um eine bewusste Abwehr der Auseinandersetzung mit diskriminierenden Strukturen und deren Anerkennung – auch im Klassenzimmer.

Welche (Hinter-)Gründe ein Sprechen über Rassismus im Kontext Schule unmöglich machen und vor allem welche Konsequenzen daraus erwachsen,  erörterte Andreas Tilch in seinem Impuls. Er widmete sich darin –

  • der Migrationspädagogischen Perspektive,
  • Rassismus und (Weißer) Abwehr,
  • der Schule der Migrationsgesellschaft, und
  • der abwehrreflexiven Professionalität.

Der Impuls wurde aufgezeichnet und steht Ihnen nachfolgend zur Verfügung. 

Empfohlener externer Inhalt: YouTube-Video

Literaturempfehlungen:

Rassismusforschung I: Theoretische und interdisziplinäre Perspektiven

Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (Hg.), [transcript]

Rassismus ist Realität – auch in der pluralen Gesellschaft Deutschlands. Doch was braucht es, um Rassismus zu erfassen, zu erforschen und politische sowie zivilgesellschaftliche Antworten auf ihn zu finden? Die Beiträger*innen liefern einen interdisziplinären Überblick zu grundlegenden Perspektiven, Theorien und Forschungsansätzen für eine zeitgemäße Rassismusforschung. Die im Rahmen des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) entstandenen Analysen bieten unverzichtbare und einzigartige Erkenntnisse zu Ursachen, Ausmaß und Folgen des Rassismus in Deutschland.

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Lehrer*innenbildung: (Re-)Visionen für die Migrationsgesellschaft

Ivanova-Chessex, Oxan; Shure, Saphira; Steinbach, Anja; Beltz Verlag (2022)

Fragen einer ›angemessenen‹ Professionalisierung von Lehrer*innen werden auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Disziplinen diskutiert. Der Sammelband vereint Beiträge, in denen Aspekte der Eingebundenheit von Schule und Lehrer*innenbildung in migrationsgesellschaftliche Macht- und Ungleichheitsverhältnisse reflektiert werden. Dabei wird auf die allgemeinen Fragen der Lehrer*innenprofessionalisierung in der Migrationsgesellschaft fokussiert. Auf dieser Grundlage werden (re-)visionäre Überlegungen zur Lehrer*innenbildung in kontingenten gesellschaftlichen Verhältnissen entworfen.

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Bildung - für alle?! Kritische Impulse für eine inklusive Schule in der Migrationsgesellschaft

Grünheid, Irina; Nikolenko, Anna; Schmidt, Bozzi (Hg.); Landesarbeitsgemeinschaft politisch-kulturelle Bildung Sachsen e.V (2020)

Schulen stehen vor der Aufgabe, inklusive Schulen zu werden und das Recht von Schüler:innen auf diskriminierungsfreie Bildung zu realisieren. In Zeiten zunehmender globaler Mobilität und unterschiedlicher transnationaler Migrationsbewegungen ist die Institution Schule in der Migrationsgesellschaft [einmal mehr] herausgefordert, bestehende Ordnungen, Routinen sowie das Verhältnis zwischen Voraussetzungen der Schüler:innen und institutionellen Erwartungen und Angeboten zu überprüfen und anzupassen.

Die Landesarbeitsgemeinschaft politisch-kulturelle Bildung Sachsen e.V. hat sich im Rahmen einer umfassenden Projekt- und Netzwerkarbeit gemeinsam mit dem Zentrum für Integrationsstudien der TU Dresden folgenden Fragen gewidmet:

  • Was bedeutet es, Schule in der Migrationsgesellschaft als einen inklusiven und demokratischen Ort zu verstehen?
  • Welche Veränderungsprozesse sind notwendig?
  • Wie kann eine Umstrukturierung des schulischen Lernortes und Lernangebotes in der Migrationsgesellschaft in der Weise inklusiv gestaltet werden, dass eine diskriminierungsfreie Bildung und handelnde Teilhabe aller Akteur:innen im System Schule möglich wird?

Das Dossier greift Fragen, kritische Impulse und Visionen für eine inklusive Schule in der Migrationsgesellschaft auf. Es bietet einige orientierende Begriffs- und Konzeptklärungen und auch handlungspraktische Anregungen für unterschiedlichste Bildungsverantwortliche und Akteur:innen der Dresdner- und deutschlandweiten Schullandschaft.

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Über den Referenten:

Andreas Tilch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Pädagogik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg im Arbeitsbereich „Schulpädagogik und Rassismuskritik“ und ist derzeit an zwei Forschungsprojekten beteiligt: Im Forschungsprojekt „Professionalisierung für die Migrationsgesellschaft“ untersucht und dokumentiert er den Professionalisierungsprozess von Lehrer:innen und Schulsozialpädagog:innen im Rahmen einer einjährigen Fortbildung in Niedersachsen, die auf die Entwicklung diskriminierungs- und rassismuskritischer Reflexivität ausgerichtet ist. In einem zweiten Forschungsprojekt untersucht er gemeinsam mit Kolleg:innen Kontinuitäten und Neuformierungen von Institutionellem Rassismus in der Schule (KoNIR).

Dieses Material ist im Rahmen von Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen entstanden. Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen war ein Projekt der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und wurde gefördert von der Stiftung Mercator.

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